September 2008
Seit 1997 besteht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz das Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS), das sich in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Geistes- und Sozialwissenschaftlern der Erforschung interkultureller Begegnungen widmet und einen Brückenschlag von der akademischen Welt zu Politik und ethnischen Minoritäten versucht. Die zur Zeit geförderten Projekte reichen von Untersuchungen historischer Kulturkontakte über Studien zu kulturellen Mustern, die in Filmen transportiert werden, zu aktuellen europäischen Themen wie den Unruhen in französischen Großwohnsiedlungen im Herbst 2005 oder der Neugestaltung von Identitätsentwürfen im postkolonialen Zeitalter. Gemeinsam ist diesen Projekten die Beschäftigung mit den durch Migrationen verursachten und veränderten Lebensbedingungen der Menschen.
Das ZIS-Projekt „Hinduismus in der Migration“ untersuchte den Wandel religiöser Gestaltungsformen in der Migration. Tempelbau und Anordnung von Gottheiten in den Tempel unterliegen bestimmten Prinzipien, sind aber auch einer beständigen Transformation unterworfen. Interaktiv konnte man in einer Webpräsentation den Tempelaufbau betrachten. Dazu vertiefte man mit Hilfe der Indologin Sonja Wengoborski sein Wissen über verschiedene weibliche Gottheiten (Devī) des shivaitischen Götterkreises anhand der Zuordnung ihrer Attribute und Gesten. Deren Entstehung wird in hinduistischen Mythen erzählt, doch auch im Tanz sind diese mythischen Elemente noch immer von Bedeutung.
So tanzte und erläuterte Bharathi Avireddy, indische Tanzlehrerin, auf der Bühne einzelne Mythen der Gottheiten. Bharathi Aviredddy-Bunke ist eine professionelle Tänzerin in den klassischen Tanzstilen Bharatanatyam und Kuchipudi. Sie wurde als Tochter einer klassisch-traditionellen Musikerfamilie in Vizianagaram in Indien geboren. Seit ihrem neunten Lebensjahr studiert sie indischen Tanz. Ihre erste Lehrerin war Uma Sampath. Bereits als junges Mädchen gab Bharathi unter der Leitung ihres Tanzmeisters Sampath Kumar Auftritte. Später zog sie nach Vishakhapatnam, eine große Stadt an der Küste von Andhra Pradesh, wo sie neben ihren Tanzauftritten auch Unterricht in beiden Tanzstilen für Kinder gab. 1994 kam sie mit ihrem Mann nach Deutschland. 1997 begann sie mit dem Aufbau einer Tanzschule nahe Wiesbaden, wo sie bis heute unterrichtet. Auch hat sie seitdem zahlreiche Auftritte gegeben, sowohl solo als auch mit ihren Schülerinnen.
Im ZIS-Projekt „Kulturbegegnungen in Ägypten und dem Alten Orient: Die cinematologische Rezeption der Fremdvölkerthematik“ wurde die Rezeption ägyptischer und altorientalischer Geschichte in historisierenden Filmen des 20. Jh.s untersucht. In diesen Filmen gestaltet sich die Darstellung von orientalischem Tanz eher nach der Imagination und dem Zeitgeist der Filmschaffenden. „Weitere wichtige Bestandteile dieser effiminierten, orientalischen Welt sind ferner die rauschenden Feste und die Tanzdarbietungen, denen in jeder Kleopatra-Verfilmung und allen sonstigen ‚Orient-Filmen’ schon allein ihres erotischen Schauwertes wegen reichlich Raum zugestanden wird.“, so beschreibt es eine Passage in der Doktorarbeit einer der Projektmitarbeiterinnen. Am Stand informierte Projektmitarbeiterin Regina Heilmann über das Projekt.
Daneben lagen Informationen zu zahlreichen weiteren Forschungsprojekten und ZIS-Aktivitäten aus und es wurde umfassend über die ZIS-Arbeit informiert.