"Hin süsse und vergnügt – her bitter und betrübt". Transatlantische Erfahrungen der von der Vertreibung aus den Ländern des portugiesischen und spanischen Patronats (1759/67) betroffenen Jesuitenmissionare aus dem deutschen Sprachraum.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Mitglieder des Gesellschaft Jesu aus dem deutschen Sprachraum in die unter dem Patronats Portugals und Spaniens stehenden Missionen in Asien und Amerika entsandt. Sie erhielten so Zugang zu den globalen Wirkungsfeldern ihres Ordens. Der Höhepunkt dieser Entwicklung fällt in die Amtszeit des Ordensgenerals Franziskus Retz (1730-1750); beendet wurde sie durch die Ausweisung aller Jesuiten aus den portugiesischen und spanischen Territorien (1759/67) und schließlich durch die Aufhebung der Gesellschaft (1773). Da viele Missionare ihre Erfahrungen im Rahmen von Reiseberichten verarbeiteten, wird sich die Untersuchung auch mit dem Thema Literatur und Migration befassen. Ein eigenes Kapitel wird die literarische Hinterlassenschaft zum Gegenstand haben und diese insbesondere auf Stellungnahmen zur Vertreibungssituation und Bewältigungsstrategien untersuchen. Das Vorhaben befasst sich – so wird man resümieren können – mit Fragen der interkulturellen Kommunikation und Migration sowie den daraus resultierenden Erfahrungen, Begegnungen und Konflikten. Die Originalität des Themas besteht u. a. darin, dass es die Fremdheitserfahrung von Europäern anspricht, die sie nach vielen Jahren in Übersee auch mit ihrer eigenen Kultur machen. Dies lässt sich an verschiedenen Beispielen verdeutlichen. So sah sich der ehemalige Chilemissionar Bernhard Havestadt nach seiner Rückkehr veranlasst, Missionspredigten zu verfassen, die sich an das heimische Publikum richteten, da er einen gesellschaftlichen Verfall von Religiosität, Sitte und Moral festzustellen meinte. Dies veranschaulicht die gesellschaftlichen Wandlungsprozesse des 18. Jahrhunderts in Europa, an denen der Missionar in den fernen Missionen keinen Anteil hatte. Es ist ein Aufeinandertreffen von kulturellen Positionen zu konstatieren, die einerseits in der weitgehenden Abgeschlossenheit vom europäischen Kontext über Jahrzehnte hinweg konserviert wurden, andererseits dem raschen Wandel des Jahrhunderts der Aufklärung unterworfen sind.

vorangegangenes DFG-Projekt unter dem Titel: Jesuiten zentraleuropäischer Provenienz in Portugiesisch- und Spanisch-Amerika (17./18. Jahrhundert)

Projektlaufzeit: 2006-2007

Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Johannes Meier (Katholische Theologie)
HD Dr. Ludolf Pelizaeus (Allg. und Neuere Geschichte)

Mitarbeiter:
Dipl. theol. Uwe Glüsenkamp M.A.

Assoziierte Literatur:

MEIER, JOHANNES: Die Stimme erheben: Studien zur Kirchengeschichte Lateinamerikas und der Karibik. Hrsg. von: LANGENHORST, ANNEGRET / NEBGEN, CHRISTOPH / STRAßNER, VEIT. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2018. 324 S.