Prof. Dr. Heath Cabot

Sommersemester 2018

Prof. Dr. Heath Cabot (University of Pittsburgh)
Gastgeber: Prof. Dr. Heike Drotbohm, Prof. Dr. Thomas Bierschenk (Institut für Ethnologie und Afrikastudien)

Aufenthalt Mai / Juni 2018

Vortrag am 29.5.2018, am Institut für Ethnologie und Afrikastudien (ifeas), Institutskolloquium, Ethnographic Reflections on the Study of Displacement in times of “Crisis”

Vortrag am 13.6.2018
Bureaucracy and the Study of Migration and Transnationalism
Im Rahmen eines studentischen Symposiums

Heath Cabot, Assistant Professor an der University of Pittsburgh, gilt weltweit als eine der bedeutendsten ExpertInnen des Humanitarismus. Im Rahmen ihrer Promotion (University of California, Santa Cruz, 2010) führte sie 22 Monate Feldforschung zu Fragen des politischen Asyls in Griechenland durch. Sie untersuchte, wie in Hilfeeinrichtungen für Asylsuchende und Geflüchtete unterschiedliche Dimensionen griechischer, europäischer und globaler Zugehörigkeit verhandelt werden. Zur Zeit arbeitet sie im Rahmen eines neuen, von der Fulbright-Stiftung geförderten Forschungsprojekts über die Prekarisierung bürgerschaftlicher Rechte in einem Griechenland, in dem lokale Lebenswelten durch die europäische Sparpolitik nachhaltig verändert werden. Empirisch liegt ihr Fokus hier auf Apotheken und Kliniken der kommunalen Gesundheitsversorgung, die solidarische und medizinische Leistungen für Alte, Arbeitslose, Zugewanderte und andere bedürftige Gruppen anbieten. Im Zentrum stehen die Missverständnisse und Konflikte, die angesichts vermeintlich universaler Rechte artikuliert werden, und die sozialen Konventionen, die eine Grundlage für wechselseitige Anerkennung und Toleranz darstellen würden. Heath Cabots Forschungen wurden durch eine Reihe hochrangiger Stipendien, wie das der Fulbright-Stiftung, der Wenner-Grenn-Stiftung und dem Charlotte W. Newcombe Dissertation Fellowship gefördert. Sie war Mitglied im Beratergremium des Aegean Observatory for the Refugee and Migration Crisis an der University of the Aegean und Mitglied im Board des Greek Council for Refugees. Seit 2015 ist sie Mitherausgeberin der renommierten Zeitschrift Political and Legal Anthropology Review (PoLAR).

Im Rahmen der Gastprofessur wurde das interkulturelle Begegnungsmoment des Humanitarismus und das darin enthaltene Zusammenspiel von medialen Bildern und ‚Kultur’ ins Zentrum der Betrachtung gestellt. Wenn Flüchtlingshelfer, Anwältinnen, Sozialarbeiter, Ärztinnen, Psychologen, Freiwillige und Ehrenamtliche, Aktivistinnen, Migrantinnen und Geflüchtete aufeinandertreffen und nach Lösungen suchen, arbeiten sie in der Regel zunächst mit essentialistischen und hierarchisierten Vorstellungen über die Verschiedenheit und die Dialogfähigkeit unterschiedlicher Herkunftskulturen. Kultur wird dabei von den Akteuren, oft aber auch in medialen Vermittlungen und wissenschaftlichen Analysen, als statische Eigenschaft der Akteure verstanden, die diese in die Interaktionssituation gleichsam mitbringen, und gilt somit als Bedingungsfaktor des ‚humanitarian encounter‘. Während Akteure und Medien ‚Kultur‘ in diesen Interaktionen somit als eine gleichsam prä-existierende Leitdifferenz verstehen, ließe sich auch die Frage stellen – die im Rahmen dieser Gastprofessur verfolgt wurde – wie kulturelle Differenz in der alltäglichen Begegnung immer wieder hergestellt, aber auch aufgelöst wird. Wahrgenommene kulturelle Differenz wäre dann nicht ein Bedingungsfaktor der humanitären Interaktion, sondern ein mögliches dynamisches Ergebnis dieser Interaktionen und den darin stattfindenden Aushandlungen.

Neben zahlreichen Artikeln und akademischen Schriften veröffentlichte Heath Cabot ihre Promotion unter dem Titel On the Doorstep of Europe: Asylum and Citizenship in Greece (University of Pennsylvania Press, 2014 [Ethnography of Political Violence Series]).

Prof. Cabot nahm an drei Lehrveranstaltungen teil, hielt einen Vortrag, organisierte gemeinsam mit den Gastgebern einen Workshop („The State, Anthropology and the South: bringing different networks and research traditions into dialogue“) und arbeitete an der Ausarbeitung des Drittmittelantrags „Sortierte  Bedürftigkeit. Humandifferenzierungen in Kontaktzonen solidarischen Handelns“ (Prof. Heike Drotbohm) mit.