Identitätskonstruktion und Vermittlung von kulturellem Erbe in tunesischen Fernsehserien

Die Geschichte der arabischen Welt und insbesondere die Geschichte des Maghreb sind geprägt von verschiedensten kulturellen Einflüssen. Dies spiegelt sich auch in dem heutigen kulturellen Verständnis der tunesischen Gesellschaft wieder, die sich – trotz eines ausgeprägten Nationalbewusstseins – als eine multi-, wenn nicht interkulturelle Gesellschaft versteht.
Dabei bewegen sich die Konstruktion einer nationalen Identität und die Vermittlung von kulturellem Erbe im Spannungsfeld sowohl zwischen westlich-europäischen und arabisch-islamischen Einflüssen als auch zwischen Tradition und Moderne. Dies lässt sich anhand der morphologisch völlig unterschiedlichen Gestaltung von traditioneller Altstadt, kolonialer Neustadt und neueren Stadtvierteln im Großraum Tunis aufzeigen. Indem mit den unterschiedlichen Stadtvierteln jeweils auch kulturell unterschiedliche Lebensstile und ethische Wertesystem assoziiert werden, ergibt sich sowohl auf materieller als auch auf immaterieller Ebene ein urbanes interkulturelles Geflecht. Dabei wird Tunis als Stadt auf verschiedenen Ebenen inszeniert und ist wesentliches Symbol für die Konstruktion einer nationalen Identität und ebenos Referenzobjekt für die Vermittlung von kulturellem Erbe ( Patrimoine ). Beides basiert also unmittelbar auf interkulturellen Faktoren.
Potenziert, transformiert und transportiert wird dieses „Bild der Stadt“, indem es zum immer wiederkehrenden Motiv in tunesischen Fernsehserien wird, die allabendlich im Monat Ramadan im ganzen Land ausgestrahlt werden. Indem die Handlungsorte in kulturell unterschiedlich geprägten Stadtvierteln angesiedelt sind, werden direkte Verweise auf die zugrunde liegenden interkulturellen Einflüsse geschaffen. Durch das originär westlich geprägte Medium Fernsehen und das ebenfalls zunächst auf westlichen Vorstellung basierende Format der Familienserie wird dabei eine interkulturelle Eigendynamik geschaffen, die erneut das Bild der Stadt, und somit das Symbol nationaler Identität als auch die Vermittlung von kulturellem Erbe ( Patrimoine ) prägt.
Ziel des Projektes ist es, die grundlegenden interkulturellen Faktoren herauszuarbeiten, die die Konstruktion einer nationalen Identität und die Vermittlung von kulturellem Erbe ( Patrimoine ) in tunesischen Fernsehserien mitbestimmen.

Projektlaufzeit: 2007

Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Anton Escher (Geographie)
Prof. Abdehamid Larguèche (Professeur d'Histoire à l'Université de Manouba, Faculté des Lettres, des Arts et des Humanité)